Kein Platz am Worringer Platz

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Blick vom Worringer Platz in die Kölner Straße nach Süden um 1900: Transparenz trotz Eisenbahnbrücke

Wir reden von einem der meistfrequentierten Verkehrsknotenpunkte Düsseldorfs, von einem Ort, der an Lärm, Schmutz und Hässlichkeit zu ersticken droht. Im Gewirr sich kreuzender Straßen, Straßenbahntrassen, umgeben von Gebäudezeilen und Brücken, die immer mehr verwahrlosen, ist eine isolierte Verkehrsinsel übrig geblieben. Diese wird noch immer Worringer Platz genannt.

Eingangstor zur Stadtmitte
Der Worringer Platz war einmal attraktiv. Die geschwungene Unterführung des Eisenbahndammes bildete das Eingangstor von den ländlich-industriellen Bereichen im Osten in den Stadtkern. Aus dem Passieren von Fußgängern und Pferdekarren wurde ein exponentiell wachsender Verkehr mit Anschluss an neue Stadtteile und das Autobahnnetz.

Der Eingang blieb zunächst unverändert, verändert hat sich der Worringer Platz. Der wurde mit zunehmendem Verkehr zunehmend unattraktiver. Maßnahmen zur Verkehrsentlastung blieben aus. Guillotiniert wurde der Platz dann durch das um 1960 gebaute Postgebäude. Dies überbrückt die Kölner Straße, verlängert die Unterführung zu einem fast 150 Meter langen Tunnel und nimmt dem Platz Raum, Licht und Luft.

Die dunkle Unterführung wird als Zugang gemieden. Die Gebäude um den Verkehrsknotenpunkt verlieren Mieter, die Nahversorgung der Anwohner verschlechtert sich mehr und mehr. Auswirkungen auf angrenzende Quartiere sind spürbar.

Maßnahmen zur Gestaltung des Restplatzes oder der inzwischen wieder geschlossenen Fußgänger-
unterführung blieben erfolglos. Die fortschreitende Verwahrlosung hat der Misere von Menschen einen Platz bereitet. Anwohner haben resigniert, sich mit den Verhältnissen arrangiert. »Unsere Junkies entsorgen ihre Spritzen selbst« wird von einem eingesessenen Gastronomen schon als Erfolg für den Ort verbucht. Die Sozialhelfer sind die Helden des Platzes.

Chance durch Zuzug?
Angrenzend zum Worringer Platz – hinter dem Bahndamm – soll ein Wohnprojekt für 3.000 (!) Menschen entstehen. Die Stadt erhofft sich dadurch positive Auswirkungen auf den Worringer Platz, Heilung durch Zuzug.

Die Investoren halten sich (noch) mit der Veröffentlichung konkreter Planunterlagen zurück, annoncieren auf ihrer Website www.catella.com aber schon einmal eine Zukunftsperspektive des Projekts und des Umfelds:
Ein lebendiges Stadtquartier entsteht. Das »Grand Central« bildet ein Areal inmitten der Landeshauptstadt Düsseldorf. Fußläufig zum Hauptbahnhof und zur »Kö«, direkte Verbindungen in alle Richtungen und trotzdem eine ruhige Oase in einem neu geschaffenen Viertel. »Grand Central« steht für genau die Lebensqualität, die Nutzer mit dem Wunsch nach Urbanität und gleichzeitig nach individueller Wohngemeinschaft suchen – alleinstehend, mit dem Partner oder der Familie. Dinge des täglichen Bedarfs und jegliche Nahversorgung lassen sich auf kurzem Wege oder direkt im Quartier problemlos erledigen. In direkter Nachbarschaft zum Tanzhaus NRW, dem Capitol-Theater und zum Bürgerpark wird ein vielfältiges Angebot an Kultur, Freizeit und Gastronomie geboten.

Schön wär‘s. Der Worringer Platz bleibt unerwähnt. Werblich verständlich. Bei aller glaubhaften Ambition für das Projekt, hier muss die Stadt entscheidend mittun. Ein Abkoppeln wird nicht gelingen, eine automatische Aufwertung wird nicht gelingen. Man muss den Erfolg in der Gesamtheit des Ortes begreifen. Dazu müssen die wesentlichen baulichen Probleme des Worringer Platzes angegangen werden, wenn nicht auch der Neubau zur Problemzone mutieren soll. Das sind vorrangig als initiierende Maßnahme der Tunnel und die Postbrücke. Die Verkehrsentlastung gehört dann auch auf die Agenda eines Zielkatalogs.

Unterführung – bitte sofort
Leider hat OB Geisel verpasst, bei seiner Stadtteilbegehung am 6. September 2016 die Unterführungen zu begehen. Die 150 Meter Tunnel zum Worringer Platz sind verkommen und schlecht beleuchtet, er ist unsicher. Fußgänger meiden diesen Durchgang. Unbeleuchtete Nischen werden als öffentliche Urinale genutzt und sind darüber hinaus geeignete Punkte zum Auflauern. Verantwortlich für den skandalösen Zustand ist das Amt für Verkehrsmanagement.

Eine Verbesserung mit Farbe und Licht könnte zunächst wenigstens die ungefährdete Begehbarkeit sicherstellen. Ein Provisorium, denn der Worringer Platz verlangt viel mehr.

Mut zu Korrekturen
Die Unterführung muss wieder verkürzt und dadurch dem Worringer Platz sein Raum zurückgegeben werden. Die Post hat ihre Liegenschaften aufgegeben. Die Stadt hat das Bauwerk entlang der Worringer Straße mit der Überbrückung übernommen und für interne Vermietung umgebaut. Die Maßnahme wurde über Immobilienleasing finanziert.

Leider wurde damals ein Rückbau der nun funktional unnötigen Überbrückung nicht erwogen. Ein solcher Rückbau inklusive des Stützgebäudes Erkrather Straße (heute Fundbüro) hätte eine Öffnung des Worringer Platzes zu dem ebenfalls aufgegebenen Postgelände – jetzt Quartier Grand Central – geschaffen und so dem Worringer Platz ganz andere städtebauliche Optionen für eine Revitalisierung ermöglicht. Durch den neuen Wohnungsbau ist eine solche Maßnahme notwendiger denn je. Für eine Korrektur ergibt sich jetzt ein ideales Zeitfenster.

Sie könnte baulich mit der vorgesehenen Totalsanierung des Brückenbauwerks durch die Bahn und der Neuordnung von städtischen Nutzflächen um den Bahnhof (Stadtbibliothek) abgestimmt werden. Es würde dem Platz Attraktivität zurückgeben und vor allem eine neue Qualität fußläufiger Anbindung schaffen.
Machbarkeit? Immobilienleasing mit Vermietung an sich selbst ist ein flexibles Instrument der Finanzierung, an Eigentumsverhältnissen kann das nicht scheitern. Geld muss man allerdings in die Hand nehmen. An prominenteren Stellen ist die Stadt nicht vor Rückbau zu Gunsten von Plätzen zurückgeschreckt. Warum nicht auch hier? Vielleicht ist das dem Investor des Milliarden-Wohnungsbaues auch etwas wert?
Das Monstrum muss jedenfalls weg, wenn das mit dem Worringer Platz wieder was werden soll. Schmerzhaft, aber notwendig. Anstreichen wird in dem Fall nichts nutzen. Das Thema Verkehrsentlastung ist deutlich komplexer – kein Grund, nicht sofort mit Überlegungen zur Lösung anzufangen.
Norbert Kaiser

 Worringer Platz nach Abriss der Kriegsruinen, vor dem Umbau
Fotos: Stadtarchiv Düsseldorf, Katasteramt Düsseldorf
 Die Situation am Worringer Platz (gelb) mit Überbauung der Kölner Straße (rot) und zukünftigem Grand Central (blau)
Fotos: Bernd Obermann
 Blick vom Worringer Platz in die überbaute Kölner Straße 2016
 Verwahrloste Ecke am Tunnel
 Der Tunnel: Angstraum für Fußgänger und Radfahrer

2 Kommentare

  1. Dass der Tunnel hässlich ist, ist unbestritten. Ein Rückbau oder zumindest eine Umgestaltung wären angebracht.

    Was mich interessiert ist, wie vielen Leuten dort schon aufgelauert wurde.

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