Viele Künstler haben ihre Ateliers, Galerien und Ausstellungsräume in D-Mitte. Zwischen Bahnhofs- und Japanviertel wird gemalt, performt und präsentiert, teils zum Broterwerb, teils auch, weil die Personen gar nicht anders können. Sie alle stehen für den kreativen Geist, der im Zentrum der Stadt oftmals erst auf den zweiten Blick erkannt wird. Einige von ihnen wird D-Mitte vorstellen und mit ihnen unter anderem darüber sprechen, wie viel Spielraum der Kunst im Viertel eingeräumt wird. Heute sprechen wir mit dem Galeristen Bernd Lausberg.
D-Mitte: Welches Konzept steckt hinter der Galerie?
B.Lausberg: Die Galerie wurde 2003 als Programmgalerie für konkrete Kunst gegründet. Diese Kunstform zeichnet sich dadurch aus, dass sie sowohl minimalistisch als auch figurativ ist und die Galerie sollte als Forum für diese dienen. Zu Beginn waren im Katalog 10 bis 12 Künstler vertreten, inzwischen sind es 35 Künstler. Die Ausstellungen drehen sich häufig um Farbe und Form, es sind jedoch nicht nur Bilder und Skulpturen, sondern auch Fotografien darunter.
D-Mitte: Wie kommt eine Ausstellung zu Stande?
B.Lausberg: Das beginnt zumeist mit der Überlegung, mit welchen der zur Galerie gehörigen Künstlern man zusammenarbeiten möchte. Häufig haben diese seit der letzten gemeinsamen Ausstellung neue Konzepte und Arbeiten entwickelt, was die Planung natürlich sehr beflügelt. Doch es geht nicht immer allein von mir aus, wir haben vor kurzer Zeit auch eine Ausstellung veranstaltet, bei der 12 unserer Künstler befreundete Künstler eingeladen haben, deren Werke dann gezeigt wurden. Das war ausgesprochen interessant, denn ich habe dadurch auch weitere Künstler gefunden, deren Werk in unser Konzept passt und die ich vorher nicht auf dem Schirm hatte.
D-Mitte: Ab wann gilt jemand als Künstler, der es wert ist, in der Galerie präsentiert zu werden?
B.Lausberg: Das ist eine sehr schwierige Frage. Die Künstler hier in der Galerie besitzen alle ein gewisses Renommee, sie sind nicht erst gerade entdeckt worden. Natürlich hat Kunst als solches ihre Berechtigung und sollte auf unterschiedlichen Plattformen präsentiert werden, aber unsere Galerie ist als Programmgalerie für konkrete Kunst natürlich als solches nur einem beschränkten Künstlerkreis vorbehalten. Wir haben ein sehr spezielles Publikum, da konkrete Kunst nicht jedem zusagt und wir haben selten junge Künstler ausgestellt, abgesehen von unserem eigens dafür eingerichteten Kabinett. Aber natürlich ist alles, was ich ausstelle, irgendwo auch von meinem eigenen Geschmack beeinflusst. Es muss zum Konzept passen.
D-Mitte: Düsseldorf hat allein innerstädtisch mehr als 15 Galerien bzw. Kunsthandlungen zu verzeichnen, wie besteht man bei dieser Wettbewerbslage? Gibt es überhaupt so etwas wie Konkurrenzdenken?
B.Lausberg: Konkurrenzdenken ist sehr ausgeprägt – gerade unter Galeristen. Durch meine besondere Lage, nicht in Flingern und nicht in der Altstadt ansässig zu sein, habe ich nicht mehr wie noch vor einigen Jahren die Option, gemeinsame Eröffnungen zu planen. Ich habe das, als wir noch in der Altstadt unseren Standort hatten, gern wahrgenommen, dass man sich zusammengetan hat und die Interessenten an einem Abend praktisch von einer Ausstellung zur anderen herüber gekommen sind und man sich so sein Publikum gesichert hat. Das geht inzwischen nicht mehr, weil jemand, der in der Altstadt oder in Flingern unterwegs ist, bei einer solchen Veranstaltung nicht mehr nach Mitte herüber käme. Doch das hat auch seine Vorzüge, denn wenn wir heutzutage eine Eröffnungsfeier geben, kommen die Gäste allein wegen unserer Ausstellung und wandern nicht mehr ab. Wir mögen also ein wenig geringere Laufkundschaft haben als andere städtische Galerien, aber wer zu uns kommt, ist somit auch zielorientierter.
D-Mitte: Was würden Sie einem (jungen) Künstler raten, der Düsseldorf-Mitte zu seinem Lebens- und Schaffensmittelpunkt machen möchte? An wen sollte er sich wenden?
B.Lausberg: Der Jung muss erst mal sein eigenes Werk betrachten, verschiedene Galerien besuchen und sich selbst in einem bestimmten Gebiet verorten und danach muss er versuchen, mit den Verantwortlichen ins Gespräch zu kommen und Kontakte zu knüpfen. Es passiert jedoch sehr selten, dass man sofort unter die Fittiche genommen wird, es braucht also ein gewisses Maß an Durchhaltevermögen und man muss leider auch mit Absagen rechnen.
B.Lausberg: Das ist ambivalent, ich bekomme fast jeden Tag Portfolios von Künstlern zugeschickt, die sich bewerben wollen. Ein Teil davon kommt oft allein deshalb nicht in Frage, weil sie ganz andere Kunstgenres bedienen und sich vermutlich nicht einmal die Webseite der Galerie angesehen haben, um festzustellen, ob sie überhaupt zu uns passen. Das ist dann natürlich schade. Bei den restlichen Bewerbern muss man abwägen, welche Reputation der jeweilige Künstler hat und wo er vielleicht bereits gezeigt wird, denn es besteht ja ein exklusiver Anspruch. Natürlich will man jemanden zeigen, dessen Werk besonders ist, aber nicht an ein- und demselben Standort. Was es natürlich gerade bei bekannteren Künstlern schwierig macht, denn wer bereits in einer Galerie in Köln ausgestellt und etabliert ist, den kann man in Düsseldorf schwerlich ins Repertoire aufnehmen, da kaum jemand den Weg an einen anderen Standort als den bereits bekannten auf sich nehmen würde. Es geht also auch viel um eine räumliche Exklusivität und es werden selbstredend immer auch Künstler gezeigt, mit denen man sich persönlich eine Zusammenarbeit wünscht. Am Anfang unserer Galerie habe ich so beispielsweise auch die ersten Künstler unseres Kataloges mit ihren Werken in unseren Dependancen in Toronto und Miami aufgenommen und dadurch eine größere Bandbreite an Ausstellungen geschaffen.
D-Mitte: Flingern gilt noch immer als das Kreativenviertel der Stadt, dabei sind in Mitte inzwischen genauso viele Kulturvereine, Ateliers, Galerien und Werkstätten zu finden. Was macht Mitte (für Sie) so attraktiv?
B.Lausberg: Ich muss ehrlich sein: Mitte war nicht meine Wunschheimat. Die Immobilie, in der wir uns jetzt befinden, ist mein Eigentum und wir haben diese umfassend renoviert und meiner Meinung nach durch die besondere Architektur der Räumlichkeiten etwas Besonderes geschaffen. Doch natürlich sehe ich an Mitte inzwischen auch Vorzüge wie die Nähe zum Malkasten oder dass sich die wenigen kulturellen Leuchttürme hier leichter herausstellen lassen als in Ballungszentren wie der Altstadt. Hier ist normaler Publikumsverkehr allerdings eher selten, darüber muss man sich im Klaren sein.
D-Mitte: Von der Kunstakademie abgelehnt und trotzdem freier Künstler: Auf wie viele der Ihnen bekannten Künstler trifft das tatsächlich zu? Anders gefragt: Haben akademische Künstler mehr Chancen?
B.Lausberg: Ich habe zwei oder drei Künstler ohne akademische Ausbildung im Programm, die Erfolg haben. Das ist aber eher die Ausnahme, denn üblicherweise möchte der Galerist den hauptberuflichen Künstlern eine Plattform geben, da deren Risiko ist auch viel größer ist. Wenn jetzt ein Bankkaufmann nebenbei malt und dessen Werke nicht angenommen werden, kann er das besser verschmerzen als ein Akademieabsolvent, der nicht die Sicherheit hat, ein zweites Standbein zu besitzen. Allerdings möchte ich es auch nicht ausschließen, denn wenn die Qualität stimmt, findet sich häufig der Weg für eine Zusammenarbeit. Es braucht aber oft Zeit, bis es zu der Kooperation kommt und der ungelernte Künstler hat es sicherlich schwerer, das ist dann auch eine Charakterfrage, inwiefern man es schafft, ein Mittelmaß einzuhalten, um gehört, aber nicht als nervig empfunden zu werden. Bei einem der von mir erwähnten nicht akademischen Künstler habe ich beispielsweise erst nach einigen Jahren und in der Rückkopplung durch andere Galeristen das echte Potenzial desjenigen erkannt. Als ich ihn hier aufnahm, hatte er bereits in anderen Galerien einen Platz und sein Können im Vergleich zu seiner ersten Vorstellung bei mir beachtlich verbessert. In diesem Fall hat sich die Hartnäckigkeit und das Vertrauen in die eigenen künstlerischen Fähigkeiten also ausgezahlt.
D-Mitte: Wie viel Freiraum und Unterstützung gewährt die Stadt den Kunstschaffenden hier im Viertel?
B.Lausberg: Das weiß ich nicht, da ich unternehmerisch tätig bin und daher nicht von den Angelegenheiten der Kulturförderung betroffen bin. In unseren Räumlichkeiten wurde jedoch mal eine Ausstellung israelischer Künstler veranstaltet, die von der Stadt betreut wurde und das lief sehr gut.
D-Mitte: Als was sieht sich der Galerist (Kunstvermittler, Verkäufer, Betreuer, Berater oder Manager)?
B.Lausberg: Das hat mit der jeweiligen Persönlichkeit zu tun. Natürlich ist man als Galerist für die Promotion und Vermarktung sowie die Einführung der Künstler auf dem Kunstmarkt zuständig, wenngleich es heute auch Künstler gibt, die sich auch selbst vermarkten. Für mich bedeutet Galerist sein ein Stück weit aber auch Kurator sein: Ich liebe installative Kunst, also Kunst, die Räume verändert, zum Beispiel mittels Folie. Es gibt einen Künstler, der meine Räume bei Ausstellungen komplett mit Folie auskleidet, das lässt sich natürlich nicht verkaufen, aber es sind doch die schönsten Momente, diese Arbeiten zu betrachten und des Eindrucks gewahr zu werden, den sie bei den Besuchern hinterlassen.
D-Mitte: Ist Kunst ein teures Hobby oder könnte der Otto Normalverbraucher sich hier in der Galerie auch etwas leisten?
B.Lausberg: Hier in der Galerie könnten sich Otto Normalverbraucher die Editionen beziehungsweise Multiples leisten, diese gibt es auch schon für mehrere hundert Euro. 2013 haben für unser Jubiläum beispielsweise alle unsere Künstler eine Edition erstellt, die nicht wesentlich mehr als 1 000 Euro kosten sollte. Natürlich bleibt dann noch die Frage, ob jemand bereit ist, diesen Preis für etwas Besonderes wie Kunst zu zahlen, aber diese Werke liegen in einem erschwinglichen Rahmen.
D-Mitte: Kann jeder Galerist werden, der genügend Raum und finanzielle Mittel zur Verfügung hat?
B.Lausberg: Jeder, der es möchte, kann das tun und versuchen, Kunst zu verkaufen. Es gibt ja keine Ausbildung, die benötigt wird, um sich Galerist zu nennen. Aber die Fluktuation ist sehr hoch. Sie können sagen, dass rund 80 % derer, die eine Galerie eröffnen, auch alsbald wieder schließen, denn es erfordert viel Geschick und Disziplin, sich in dieser Branche zu halten.
D-Mitte: Wilko Austermann, ein junger Kurator, der seit drei Jahren Ausstellungen im Hotel friends am Worringer Platz plant und durchführt, hat im Interview geäußert, er fände es schade, dass die meisten Förderungen sich an Künstler richten und es nur wenig bis gar keine Programme für angehende Kuratoren oder anderweitig kunstvermittelnde Arbeitszweige gäbe. Sehen Sie im Bereich der Kunstförderung ebenfalls Verbesserungspotenzial?
B.Lausberg: Ich kann diesen Wunsch nachvollziehen, auch wenn ich nicht weiß, welche Förderungen es im Einzelnen gibt. Aber natürlich muss man auch sehen, dass es ein gewisses Vertrauen braucht, jemandem solche Mittel zu überlassen oder ihn in derartige Verantwortungspositionen zu setzen. Auch hier braucht es also gewisse Referenzen. Sich diese zu erarbeiten, ist eine Frage des Timings und daraufhin kann einen niemand ausbilden. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass jeder eines Tages seine Chance bekommt und diese dann entweder wahrnimmt oder nicht. Im Endeffekt ist es eine Frage des Wollens, dass derartige Vorhaben aufgehen.
D-Mitte: Wann findet die nächste Veranstaltung bzw. Ausstellung in der Galerie statt?
B.Lausberg: Wir freuen uns immer, wenn wir Publikum haben, auch wenn wir zu unseren Veranstaltungen in der Regel gesondert einladen. [Termin zur Ausstellung folgt noch]
D-Mitte: Welche Kunstform ist (derzeit) am gefragtesten? Gibt es in der Kunstbranche wechselnde Trends?
B.Lausberg: Die gibt es durchaus, das war früher aber extremer, mittlerweile ist der Markt recht heterogen, da viele Stile parallel voneinander ablaufen. Trends gibt es dennoch immer wieder; auch der Kunstbegriff hat sich noch einmal verändert, sodass viele Dinge kein Nischendasein mehr fristen. So war eine Zeit lang die konkrete Kunst, die in den 60ern en vogue war, völlig aus der Mode geraten, da die ältere Klientel sich „satt“ gesammelt hatte und kaum noch Nachfrage herrschte. Jetzt aber interessieren sich jüngere Leute wieder mehr dafür und das Genre erlebt eine Art Comeback, auch wenn es nie wirklich weg war. Der Kunstmarkt durchläuft somit alle paar Jahre bestimmte Phasen mit wiederkehrenden Stilrichtungen.