07.07.07 oder Japanische Hausmannskost

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Als Tashinari Kaga aus seiner Heimatstadt Sapporo in Japan kurz vor der Jahrtausendwende nach Düsseldorf kam dachte er nicht im Traum daran, einmal der Inhaber eines Restaurant s zu sein. Geplant war, wie bei den Japanern in Düsseldorf üblich, ein Arbeitsaufenthalt für drei, maximal vier Jahre in einer japanischen Firma. Für Herrn Kaga war dies ein Unternehmen in der Lebensmittelbranche.

Sein Deutschland-Aufenthalt wäre fast abrupt geendet, sein japanischer Arbeitgeber ging insolvent. Im Gegensatz zu seinen Arbeitskollegen blieb Herr Kaga in Düsseldorf. Der Grund war der Traum seiner Frau: ein Restaurant für Japaner zu eröffnen. Und dafür – so meinten die Kagas – sei Düsseldorf prädestiniert. In Japan sei die Konkurrenz zu groß und in Düsseldorf gäbe es eine Marktlücke zu besetzen: ein Restaurant mit einfacher Hausmannskost, eine Landküche. Denn Sushi, Ramen, Sashimi und weitere Restaurants üblichen oder gehobenen Stils gab es bereits genug in Düsseldorf. »Wollen Sie jeden Tag im Victorian speisen, oder jeden Tag das gleiche essen?« fragt Herr Kaga. Eine Landküche bietet dagegen nicht nur Abwechslung, sondern weckt auch Erinnerungen an die Heimat, an Mutters Küche.

So wurde der 07.07.07 der entscheidende Tag für die Kagas. Sie eröffneten ihr Restaurant Kagaya. Hausmannskost für Japaner, Ecke Bismarckstraße/Charlottenstraße. Und das war nicht einfach. Tashinari Kaga hatte nur eine Idee. Er war weder Koch, noch hatte er Kenntnisse in der Gastronomie, noch kannte er die deutschen Gesetze, insbesondere deren Anwender im Düsseldorfer Ordnungs- und Ausländeramt. Alles musste er überwinden, als autodidaktischer Koch, als angelernter Betriebswirt und als Lobbyist für japanische Arbeitnehmer in Düsseldorf.

Es gelang. Mit drei Köchen und drei Japanerinnen als Bedienungspersonal arbeitet eine eingespielte japanische Mannschaft für ihre Kunden. Die 36 Tische sind von Montag bis Samstag, mittags und abends besetzt.

Gefühlt speisen dort fast ausschließlich japanische Gäste. Karte, Tafel und Bedienung nur in japanisch. Das ist kein Affront gegen das deutsche Gastland, sondern Konzept: Hausmannskost, nur eben für Japaner. Schwierig aber in der Umsetzung, weil: wie bekomme ich die Visa für japanisches Bedienungspersonal? Die deutschen Gesetze sind, hier hat Tashinari Kaga ein typisch deutsches Wort parat, tumb, und die ausführenden Ämter toppen es.

Und dann das noch: die deutschen Gäste fühlen sich zurückgesetzt. Sein Zugeständnis: er hat jetzt eine Bedienungskraft, die Deutsch lernt. Und deutsche Bezeichnungen sind, in Klammern oder Kleingedrucktem, auch zu lesen. Trotzdem, bei allen Widerständen realisiert er den Traum seiner Frau konsequent weiter: Hausmannskost für Japaner.

Gefragt nach »Kreativität in der Küche« überlegt er nicht lange, »das ist der meist missbrauchte Begriff in der Mainstream Küchen-Diskussion. Ich brauche keine neuen Ideen, ich setze die traditionelle Küche handwerklich zeitgemäß um«. Und dann kam er, ganz der belesene Autodidakt, mit der einfachen Frage zurück »wären die so hoch gelobten deutschen kreativen Köche nicht besser beraten, die alten Kochbücher (zum Beispiel von Davidis-Holle, die Redaktion) handwerklich zeitgemäß umzusetzen als über Regionalität und Authentizität zu schwätzen? Was ist denn seit diesen Kochbüchern wirklich neu?«

Die Kunden des Restaurant Kagaya kümmern sich nicht um derartige Diskussionen. Sie schätzen einfach Kagas Hausmannskost. Es gibt deshalb auch kein äußeres Anzeichen eines Düsseldorfer In-Restaurants. Das sieht man bereits an der Zusammensetzung der Gäste, Nicht nur Nadelstreifen und Krawatte, sondern Mann, Mütter und Kinder, vor allem an Wochenenden, besetzen die Plätze. An Samstagen kommen sie nicht nur aus Düsseldorf. Bis nach Holland und Belgien hat sich die Hausmannskost des Kagaya rumgesprochen. Dann versammelt sich im Kagaya eine große internationale japanische Familie.

Zu ihr gehören auch die sportlich aktiven japanischen Fußballspieler, vor allem Bundesliga, mit ihren Familien und Freunden: Atsuto Uchida, Tomoaki Makino, Shinji Kagawa. Yuki Otsu oder Justin Toshiki Kinjo. Sie alle kennen das Kagaya. Egal, ob sie in Köln, Schalke, Dortmund, Venlo oder Düsseldorf kicken. Bei Tashinari Kaga schauen sie nicht nur gerne vorbei, hier fühlen sie sich auch zuhause.

Mit seinem Konzept benötigt das Kagaya keine Werbung, die Mundpropaganda reicht. Tashinari Kaga war auch skeptisch, mit QuartierM über einen redaktionellen Artikel zusprechen. Er kennt die Düsseldorfer. »Nicht, dass ich dann zur Schau gestellt werde!« war zunächst sein Einwand. Dann fand er es aber in Ordnung, den Menschen im Quartier seine Geschichte zu erzählen.

Ein zweites Restaurant wird Tashinari Kaga nicht aufmachen. Das würde ihn davon abhalten, sich voll auf das Kagaya zu konzentrieren. Als Ausgleich zum täglichen Stress und als Hobby betreibt er Kendo. Die japanische Kampfsportart, durch welche die Übenden vor allem Charakterfestigkeit, Entschlossenheit und moralische Stärke erlangen.

Gefragt, in welche Restaurants er selbst geht, nennt er das Big Tuna seines Freundes Hiroki Sugimoto. Denn ab und zu lohnt sich auch mal Sashimi. Und auch bei Schumachers Brauereiausschank, gleich um die Ecke, findet er es gemütlich, bei einer Haxe und Altbier.

 Tashinari Kaga
Kagaya-Speisenkarte: nicht nur in Deutsch, sondern bebildert. Versteht jeder!

 Japanisch essen wie bei Muttern, gut und günstig.

Kagaya
Charlottenstraße 60
40210 Düsseldorf
Telefon: 0211 83025019
Mo–Sa 12:00–14:00, 18:00–22:00

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