der Kurator Wilko Austermann im Interview

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D-Mitte Redakteurin Miriam Fest sprach im Antichambre mit dem Kurator Wilko Astermann.

D-Mitte:  Was ist das Konzept?

W.A.: Ich verantworte und betreue seit 2014 den Off-Raum Antichambre im Hotel friends. Das Konzept fußt dabei auf zwei Sichtweisen des Begriffes: Zum einen stellt der Begriff Antichambre kunsthistorisch die Vorzimmer des Königs in barocken Schlössern dar und damit ein Raum, den man nicht umgehen konnte. Zum anderen lässt sich das Wort in seine wörtlichen Bestandteile zerlegen, was mit ‚anti‘ und ‚chambre‘ somit zu einem Antizimmer wird und damit spielen soll, dass die Künstler mit ihren Projekten hier immer auch auf das Hotel, die Zimmer und die Atmosphäre reagieren und Einfluss nehmen. Hinter dem Namen Antichambre im Hotel friends verbergen sich daher verschiedene Ausstellungen an verschiedenen Orten im Hotel, wie eben auf dem Dach oder in den Kellerräumen.

D-Mitte:  Wer wird ausgestellt?

W.A.: Ich schaue mir viele Ausstellungen an und entwickle aus dem Künstlerpool thematische Ausstellungen. Häufig zeige ich Künstler der Kunstakademie und meiner Generation. Ein gesondertes Renommee erwarte ich von den Künstlern dabei nicht, da ich nicht unter kommerziellen Gesichtspunkten ausstelle. Ich bin somit flexibel, was auch Teil meiner kreativen Freiheit bei der Planung ist. 

Der Kurator Wilko Austermann

D-Mitte:  Sind es zwingend akademische Künstler?

W.A.: Müssen es nicht unbedingt sein. Da ich vorrangig Leute unterstützen will, die hauptberuflich Künstler sind, habe ich bisher fast nur ausgebildete oder in Ausbildung befindliche Künstler ausgestellt. Aber eigentlich ist es mir nicht wichtig, dass jemand einen akademischen Grad vorweisen kann. Die Qualität muss mich überzeugen.

D-Mitte:  Sie nennen sich Kurator, was bedeutet das für Sie?

W.A.: Es ist zunächst einmal ein langwieriger Prozess, wenn ich Ausstellungen vorbereite, dann bemühe ich mich um ein Thema, kontaktiere Künstler, bereite Termine vor und organisiere die einzelnen Beteiligten untereinander. Ich möchte ja Inhalte und Themen vermitteln, außerdem sollen die Kunstwerke die Räume ja auch jeweils anders wirken lassen, weshalb ich ihnen auch sehr viel Raum gebe, wie man auch sehen kann, da es bei mir anders als in einer verkaufsinteressierten Kunstgalerie durchaus leere Flächen an der Wand gibt. Besucher sollen hier die Werke in den Fokus nehmen können und nicht erschlagen werden. Da ich einen Off-Raum mit Kunst bespiele, bei dem ich nicht an einer kommerziellen Vermarktung der Kunst interessiert bin, zeige ich insbesondere Werke, die nicht unbedingt in klassischen Galerien präsentiert werden. Ich möchte junge mutige Positionen fördern und in einem inhaltlichen Rahmen präsentieren.

D-Mitte:  Welcher Teil Ihrer Arbeit erfüllt Sie am meisten?

W.A.:as Ergebnis zu sehen, denke ich. Ich liebe Kunst und wenn meine Ideen für die Ausstellungen nach der Planungsphase dann endlich realisiert werden und es passt, bin ich sehr froh. Ich sehe es auch als Mehrwert an, wenn alle Beteiligten zufrieden sind. Ich freue mich zudem sehr, wenn ich es schaffe mit den Ausstellungen Besucher/Hotelgäste für Kunst zu begeistern und sie anders über bestimmte Dinge nachdenken können.
D-Mitte:  An wen kann sich ein junger Künstler hier im Viertel wenden?

W.A.: Gerade hier in Mitte gibt es zahlreiche Off-Projekte, die Möglichkeiten für junge Künstler bieten. Ich kam ja zum Beispiel über den Gasthof an den Kontakt zum Hotel und dann gibt es auch noch punktkommastrich oder das W57 oder das Gold & Beton, also sehr viele Anlaufstellen, mit denen man auch online gut einen ersten Kontakt herstellen kann.

D-Mitte:  Was macht Mitte für Sie so attraktiv?

W.A.:ch lebe selbst hier im Viertel und mag die zentrale Lage mit den vielen Kunsträumen.

D-Mitte:  Unterstützt die Stadt die Kunstschaffenden hier im Viertel gut, oder ist man auf sich gestellt?

W.A.: Ich erhalte jetzt zum zweiten Mal eine Förderung vom Kulturamt, für die ich wirklich dankbar bin, die aber natürlich höher ausfallen könnte. Die Problematik liegt da hauptsächlich in der Ausrichtung der meisten kulturellen Fördermittel auf die Künstler. Ich als Kunsthistoriker bzw. Kurator bedürfte einer anderen Förderung, da ich ja ganz andere Aufgaben zu erfüllen habe, wenn ich Ausstellungen plane. Ich würde mich zum Beispiel auch freuen, wenn es Residence-Programme nicht nur für Künstler oder Autoren gäbe. Ein gleichberechtigter Blick auf die Dinge wäre toll, denn nur weil ich anders kreativ tätig bin, bin ich ja nicht weniger förderungs- oder fortbildungsberechtigt.   

D-Mitte:  Was ist die nächste Ausstellung hier bzw. das nächste Projekt?

W.A.: Ab dem 22. September bis zum 14. Januar läuft die Ausstellung DOMUS, bei der sich die Künstler Joscha Bender, Amit Goffer, Anna Weber, Ben Neumann und Jonas Blum mit Hausfragmenten auseinandersetzen. Des Weiteren nehmen wir in Kooperation mit dem Kulturamt an den Kunstpunkten teil und werden zur Digitale im November eine Schaufenster-Performance mit Isabelle Fürnkäs realisieren. Parallel ist die raumgreifende Dachinstallation World Order von dem portugiesischen Künstler Hugo Lami bis Ende März 2018 zu sehen.

D-Mitte:  Sie sind vergleichsweise jung. Glauben Sie, dass ein jeder sich in dieser Szene mit genügend Leidenschaft behaupten kann?

W.A.: Ich bin der Meinung, wenn man etwas wirklich will, erreicht man es auch. Aber es ist natürlich immer gut, früh anzufangen. Die Situation heutzutage ist ja auch etwas besser als noch vor ein paar Jahren, denn die Anzahl bezahlter Praktika im Kulturbereich hat zugenommen. 

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